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Vom Jura-Stress zur Kunst: Wie ich durch Kreativität meine mentale Gesundheit zurückgewonnen habe

  • Melissa Uhl
  • 29. Jan.
  • 6 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 30. Jan.

Manchmal führt das Leben uns auf Wege, die wir so nie geplant hatten – Wege, die uns herausfordern, aber auch wachsen lassen. Meine Mutter sagt immer, "wir sind im Leben wie ein Wollknäuel, wenn man uns losschickt, weiß niemand wo wir stehen bleiben, wo der Faden lang läuft und wir wissen auch nicht, wann der Faden zu Ende und die Wolle aufgebraucht ist". Für mich war das Jurastudium lange Zeit der einzige Plan. Ich war eine gute Studentin, hatte Bestnoten und habe auch ausschließlich sehr gute Arbeitszeugnisse und Praktikabescheinigungen von Kanzleien sowie meiner letzten Teilzeitstelle in der Rechtsabteilung eines Unternehmens erhalten. ... Doch der immense Leistungsdruck, die ständige Angst vor dem Scheitern und schließlich das Scheitern einer wichtigen Klausur brachten mich an einen Punkt, an dem ich nach fast 5 Jahren erfolgreichem Studium kurz vorm Examen nicht mehr konnte. Ich fiel in ein tiefes Loch, fühlte mich damit alleine und was noch viel schlimmer war, unendlich dumm. Tja nun könnte man sagen, was ist denn nur eine gescheiterte Klausur ?! Macht doch nichts, versuch es nochmal... ja so wäre ich es auch gerne angegangen, aber meine Kraft blieb mir einfach weg. Was damals wie ein Tiefpunkt erschien, wurde jedoch zum Wendepunkt: Ich fand zur Kunst – und damit zu mir selbst zurück. In diesem Beitrag möchte ich meine Geschichte teilen und zeigen, wie Kunst nicht nur mein Leben verändert hat, sondern auch eine kraftvolle Methode sein kann, um mit psychischen Belastungen wie Burnout oder Depressionen umzugehen. Außerdem möchte ich einen Blick auf die wissenschaftlichen Hintergründe werfen und dir zeigen, warum Kunsttherapie so effektiv ist und vielleicht hilft es ja auch dir am Ende ein bisschen neue Energie zu tanken :)


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Psychische Belastungen im Jurastudium: Ein systemisches Problem

Meine Erfahrungen sind leider kein Einzelfall. Wenn du selbst Jura studierst oder jemanden kennst, der es tut, weißt du vielleicht, wie fordernd dieses Studium sein kann. Es ist kein Geheimnis, dass viele Jurastudenten unter enormem Stress leiden. Eine repräsentative Umfrage des Bundesverbands rechtswissenschaftlicher Fachschaften e.V. zeigt, dass 70 % der Jurastudierenden das Studium aufgrund der psychischen Belastungen nicht weiterempfehlen würden. Die Gründe dafür sind vielfältig:

  • 78 % der Studierenden haben Angst vor dem Scheitern.

  • 76 % fühlen sich durch die Examensvorbereitung extrem belastet.

  • Fast 20 % weisen klinisch relevante Symptome einer Depression auf.


Diese Belastungen bleiben nicht ohne Folgen: Viele Studierende entwickeln depressive Verstimmungen, Schlafstörungen oder ziehen sich sozial zurück. Besonders alarmierend ist die Tatsache, dass fast 20 % der Jurastudenten während der Examensvorbereitung klinisch relevante Symptome einer Depression aufweisen. Auch ich habe diese Symptome erlebt: vor allem litt ich unter Schlaflosigkeit, ständigen Selbstzweifel und dem Gefühl, in einem endlosen Hamsterrad gefangen zu sein. Es war eine Zeit voller Dunkelheit und ich hatte das Gefühl, dass das Leben an mir vorbeirauscht, ohne dass ich daran teilhabe. An diesem Tiefpunkt habe ich mich gefragt, ob ich mein Leben so weiter führen möchte und auch, ob ich es überhaupt noch kann. Genau an diesem Punkt begann damit für mich jedoch etwas Neues.

Die heilende Kraft der Kunst

Nach meinem Scheitern suchte ich nach einem Weg, um mit meinen Gefühlen umzugehen – und griff zum ersten Mal seit Jahren wieder zu Pinsel und Farbe. Was als Ablenkung begann, wurde schnell zu einer Art Therapie. Ich bin morgens nur noch aus dem Bett aufgestanden, weil ich malen wollte und jeder Pinselstrich fühlte sich nach und nach wie ein kleiner Schritt zurück zu mir selbst an. Warum Kunst so kraftvoll ist:

Kunst bietet eine Möglichkeit, Emotionen auszudrücken, die schwer in Worte zu fassen sind. Besonders bei psychischen Belastungen wie Burnout oder Depressionen kann kreatives Arbeiten deshalb helfen:

  • Stressabbau: Studien zeigen, dass schon 45 Minuten kreatives Schaffen den Cortisolspiegel (das Stresshormon) signifikant senken können.

  • Emotionale Verarbeitung: Farben, Formen und Symbole können Gefühle sichtbar machen und helfen, sie besser zu verstehen.

  • Achtsamkeit: Der kreative Prozess lenkt den Fokus auf den Moment und hilft dabei, den ständigen Leistungsdruck loszulassen.

Eine Studie des JurSTRESS-Projekts belegt zudem: Kreative Tätigkeiten wie Malen oder Zeichnen fördern Resilienz und helfen dabei, emotionale Erschöpfung zu lindern.

Kunsttherapie: Ein wissenschaftlich fundierter Ansatz

Was ich intuitiv erlebt habe, wird auch durch wissenschaftliche Studien bestätigt: Kunsttherapie ist eine effektive Methode zur Behandlung von Burnout und anderen psychischen Belastungen. Hier einige Fakten:

  • Eine klinische Studie zeigte, dass kunsttherapeutische Interventionen bei Gesundheitsfachkräften Burnout-Symptome um bis zu 28 % reduzieren konnten.

  • Eine Untersuchung aus 2018 ergab, dass kreative Tätigkeiten in 73 % der Fälle Stress und Angst erfolgreich reduzierten.

  • Achtsamkeitsbasierte Kunsttherapie (Mindful-Compassion Art-Based Therapy) stärkt nachweislich emotionale Regulation und Resilienz.

Für mich war die Kunst nicht nur ein Ventil für meine Gefühle, sondern auch ein Weg, neue Perspektiven zu entwickeln. Durch das Gestalten konnte ich mich wieder mit meinen Ressourcen verbinden – etwas, das im Studium oft verloren gegangen war. Außerdem musste ich mich mit meinen Gedanken auseinandersetzen und konnte die Belastung durch mein Studium nicht immer weiter verdrängen.

Meine liebsten abstrakten Techniken (probiert sie unbedingt mal aus!)

Die abstrakte Malerei bietet eine Vielzahl von Techniken, die leicht zugänglich sind und so gut wie keine Vorkenntnisse erfordern. Ich male gerne mit sehr wässriger Acrylfarbe auf roher Leinwand und setze Softpastelle oder Kreiden ein. Hier sind einige meiner liebsten Methoden, falls du etwas neues ausprobieren möchtest:

  1. Freies Malen: Einfach drauflos malen ohne Plan oder Ziel – das half mir dabei, den Kopf freizubekommen und meine Gefühle fließen zu lassen.


  2. Spachteltechnik und Strukturpasten:

    Statt mit einem Pinsel arbeitest du mit einem Spachtel oder Malmesser. Diese Technik ermöglicht dir, dicke Farbschichten aufzutragen und plastische Strukturen zu schaffen. Die entstehenden Texturen verleihen deinen Bildern Tiefe und Dynamik.

  3. Flüssige Kunst (Pouring):

    Hierbei wird flüssige Acrylfarbe mit einem Medium auf die Leinwand gegossen und durch Kippen oder Drehen verteilt. Jede Bewegung erzeugt einzigartige Muster – perfekt für spontane Kreativität.


  4. Lasurtechnik:

    Dünne Farbschichten werden übereinandergelegt, wodurch transparente Effekte entstehen. Diese Technik eignet sich hervorragend für sanfte Übergänge und harmonische Kompositionen.

  5. Fadenziehen:

    Ein Faden wird in Farbe getaucht und über die Leinwand gezogen. So entstehen organische Formen und Linien – ideal für meditative Prozesse.

  6. Schwammtechnik:

    Mit einem Schwamm tupfst du Farbe auf die Leinwand und erzeugst lebendige Muster oder Hintergründe. Diese Technik lässt sich wunderbar mit anderen Methoden kombinieren.


Von der Dunkelheit ins Licht

Heute sehe ich meine Krise während des Jurastudiums nicht mehr als Niederlage, sondern als Chance für einen Neuanfang. Die Kunst hat mir gezeigt, dass es im Leben nicht immer darum geht, perfekt zu sein oder Erwartungen anderer zu erfüllen. Es geht darum, sich selbst treu zu bleiben – auch wenn das bedeutet, neue Wege oder einen weiteren Weg einzuschlagen. Für mich bedeutet es aber auch, meinen Lernalltag anders zu strukturieren und nicht aufzugeben, obwohl auch das natürlich genau richtig für dich und deine Situation sein kann. Wenn du dich gerade in einer ähnlichen Situation befindest – sei es im Studium oder im Beruf – möchte ich dir sagen: Du bist NICHT alleine damit. Es gibt Wege aus dem Kreislauf von Stress und Überforderung. Vielleicht findest du sie in der Kunst oder in einer anderen kreativen Tätigkeit. Vielleicht aber auch im Sport, beim Yoga bspw., beim Lesen eines Buches oder bei etwas ganz anderem. Wichtig ist, meiner Meinung nach dass man aktiv etwas verändert, weil sich die Situation sonst auch nicht ändern kann. Wenn du aber ähnliche Gedanken hast, dir die Kraft fehlt oder du dich überfordert fühlst, solltest du dir immer professionelle Hilfe suchen. Wir sind im Jahr 2025 und es ist mehr als verantwortungsbewusst eine Therapie zu machen, wenn es dir nicht gut geht.


Deine Meinung zählt!

Ich möchte diesen Beitrag mit ein paar Fragen an dich abschließen:


Hast du selbst Erfahrungen mit Leistungsdruck im Studium gemacht? Und wenn ja, wie bist du damit umgegangen? Teile deine Gedanken gerne in den Kommentaren oder beantworte diese kurze Umfrage in einer persönlichen DM (@melissas.meisterwerke) auf Instagram:

  1. Hast du während deines Studiums mentale Belastungen erlebt? (Ja/Nein)

  2. Welche Strategien haben dir geholfen? (z.B. Sport, Therapie, kreative Tätigkeiten)

  3. Würdest du alternative Wege wie Kunsttherapie ausprobieren? (Ja/Nein)

Ich freue mich darauf, von dir zu hören – denn manchmal ist der Austausch mit anderen schon der erste Schritt zur Heilung. All the love, Melissa Quellen bzgl. der Studienlage:

1. Bundesverband rechtswissenschaftlicher Fachschaften e.V. (BRF) – Umfrage 2020/2021 Teilnehmer: 1178 Jurastudierende an 40 Universitäten. 2. JurSTRESS-Projekt (Fokus: Untersuchung des Stresslevels bei Examenskandidat*innen mithilfe biopsychologischer Methoden. 3. Deutsche Zentrum für Hochschul- und Wissenschaftsforschung (DZHW)

4. Barmer-Arztreport (2018) 5. Abschlussbericht des BRF zur zweiten Umfrage (2022) 6. Neurowissenschafliche Mechanismen der Dopaminfreisetzung, Universität Leipzig 2022 Erkenntnis: Die Freisetzung von Dopamin wird durch komplexe neuronale Mechanismen gesteuert, darunter die Interaktion mit anderen Neurotransmittern wie Acetylcholin. Diese Prozesse könnten erklären, warum kreative Tätigkeiten so tiefgreifende Auswirkungen auf das Wohlbefinden haben. 7. Therapeutische Wirkung von Kunst, MedUni Wien 2016 Erkenntnis: Die Dopaminausschüttung durch kreative Tätigkeiten kann nicht nur das Wohlbefinden steigern, sondern auch bei der Behandlung von Suchtverhalten, Essstörungen und Stimmungsstörungen helfen. 8. Ästhetische Wahrnehmung und Emotionen, Max-Planck-Gesellschaft (2018) Erkenntnis: Das Betrachten ästhetisch ansprechender Kunstwerke aktiviert dieselben Hirnregionen wie das Erleben realer Emotionen.Diese Aktivierung fördert emotionale Verarbeitung und kognitive Flexibilität.

8. Kunst und Kunst und das Default Mode Network (DMN), Universität Erlangen-Nürnberg (2011, 2014) Erkenntisse:

 
 
 

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